Die umfangreiche Geschichte des Musikvereins Alme hat unser Ehrenvorsitzender Josef Decker in einer Chronik festgehalten.

 

Der 12. Juli 1912 gilt als Gründungstag des Musikvereins Oberalme.

Grundlage dazu liefern in erster Linie das Protokollbuch, die ersten beglaubigte Satzung und das Kassenbuch.

Das Kassenbuch weist Aufzeichnungen vom ersten Tag an auf (mit Ausnahme der Kriegsjahre 1915 - 1918 ). Nach Rückkehr der Soldaten aus dem 1. Weltkrieg wurde im Dezember 1918 das Vereinsleben fortgesetzt. Im Jahre 1923 hatte sich auch im Ortsteil Niederalme ein Musikverein gebildet.

Nach dem 2. Weltkrieg vereinigten sich die Musiker beider Vereine zum heutigen Musikverein Alme 1912 e.V.

Im Jahre 1962 hat der Musikverein Alme 1912 e.V. in der Schützenhalle Oberalme sein 50jähriges Bestehen gefeiert. Damals waren noch einige Gründer dabei. Diese hatten sich Ende der fünfziger Jahre im Vereinslokal Lahme zusammengefunden, um aus der Gründerzeit zu berichten. Als Beweismaterial der Richtigkeit ihrer Aussagen legten sie dem Chronisten die 1. amtliche, beglaubigte Satzung vor. Einige Fotos aus den ersten Jahren wurden hervorgekramt und zählen heute neben diversen schriftlichen Aufzeichnungen zu den wichtigsten Dokumenten des Vereins.

Schon als kleiner Junge zeigte sich Emil Schlüter für die Blasmusik besonders interessiert. In der Vorkriegszeit, als noch kein Radio und Fernsehen das Leben der Menschen beeinflusste, war es relativ leicht, junge Männer für das Erlernen eines Musikinstrumentes zu begeistern.
Sein jüngerer Bruder Heinrich machte mit und für 32,00 Reichsmark wurde die erste Trompete mit Pumpventil erstanden. Die Eltern hatten keine Ahnung von diesem Vorhaben. Als erste Töne, Verzeihung Misstöne, erklangen, gab es wohl die erste unerfreuliche Überraschung im Hause. Die Eltern zeigten sich nicht erfreut, doch die Mutter hatte als Erstes ein Einsehen und ließ den ungewohnten Lärm über sich ergehen. Es begann ein eifriges Üben. Schon bald erklangen , wenn auch nicht rein, die ersten Weisen. beim genauen Hinhören konnte man die Melodie des Liedes "Guter Mond du gehst so stille" . . . erkennen.

Aber eine Schwalbe macht noch keinen Sommer und ein Musiker keine Musikkapelle, So führte der Weg ihn zu seinen Freunden Franz Kupitz und Josef Bunse. Als er ihnen von seinem Vorhaben berichtete, lachten sie ihn aus. Ihnen fehlte das Selbstvertrauen. Nach einigen Wochen haben sie es sich anders überlegt und machten mit. Weitere Blasmusikinstrumente werden bestellt. Emil erhält ein Althorn, Franz eine Klarinette und Josef ein Tenorhorn. Es sind zwar die billigsten Instrumente, mit Pumpventilen, aber immerhin - die ersten sind da.
Jeder versucht nun, seinem Instrument Töne zu entlocken. - Doch der Versuch, ein Lied gemeinsam zu spielen, geht daneben. Was ist denn das ??? Es stimmt vorn und hinten nicht. Großes Rätselraten beginnt.
Schließlich kommt man dahinter, dass die Instrumente verschieden gestimmt sind ; Trompete und Tenorhorn in B, Althorn und Klarinette in S. Es ist gar nicht so leicht, als Laie dahinter zu kommen. Und nach Noten spielen? Nein, keiner kann sie lesen, geschweige danach spielen.

So erleben die jungen Musiker die erste Überraschung. Es muss eine Anleitung erfolgen. Lehrer Appelhans erklärt sich bereit, das Notensystem zu lehren; jedoch von der Handhabung der Instrumente versteht er auch nichts. Guter Rat ist teuer. Da nimmt Emil Schlüter mit der schon bestehenden Briloner Musikkapelle Verbindung auf. Er verhandelt mit Franz Isenberg und dem Kapellmeister Jakob Bühler. Diese erklären sich bereit, die ersten Anleitungen zu geben. Der 1. Treffpunkt ist im Gasthof Lahme. Hierbei stellt sich heraus, dass die vorhandenen Instrumente nicht geeignet sind. Neue müssen beschafft werden. Kapellemeister Bühler übernimmt die Bestellung. Wer aber soll das Geld so schnell aufbringen ? Gastwirt Lahme stellt großzügig ein Darlehn in Höhe von 100,- RM zur Verfügung. Der Anfang ist gemacht. Das Interesse wächst.
So geschehen im Jahre 1912.

Die bestellten Instrumente lassen lange auf sich warten. Eine fieberhafte Spannung bemächtigt sich der jungen Musiker. Nach dem Eintreffen beginnt sofort die Verteilung wie folgt:

1. Flügelhorn : Ferdinand Becker 2. Flügelhorn: Josef Lahme (Hammerlahme) Trompete: Philipp Feldhagen Trompete : Emil Schlüter 1. Tenorhorn Heinrich Schlüter 2. Tenorhorn Josef Bunse Bass : Josef Fortmann Althorn : Heinrich Humpert Klarinette : Franz Kupitz Tambour : Franz Hülshoff Kl. Trommel : Johann Dille

Jede Samstags-Probe wird geleitet vom Kapellmeister Jakob Bühler, an den übrigen Tagen von Ferdinand Becker, dem 1. Kapellmeister des Vereins. Besonders erwähnenswert sind die ersten Förderer der jungen Kapelle: die Väter von Schlüter, Bunse und Kupitz Gastwirt Lahme, Ferdinand Schröder, Wilhelm Heitzig und Franz Bödefeld.
Ihnen ist es zu verdanken, dass die jungen Musiker nicht ganz mutlos werden. Aus den Häusern hört man immer mehr Blasmusik. Am liebsten aber finden sie sich in der Schusterstube von Schlüters Vater zusammen. Hier verbringen sie manche schöne Stunde. Als die ersten leichten Stücke mit Erfolg gemeinsam gespielt werden, ist die Freude groß.

 

 

 

Im Januar 1913, auf des Kaisers Geburtstag, ist das erste öffentliche Auftreten. Sie spielen einige leichte Märsche. Jetzt darf aber auch die Uniform nicht mehr fehlen. Als erstes wurden grüne Mützen angeschafft, die bei der Fronleichnamsprozession getragen werden. Choräle und Kirchenlieder, die leicht zu erlernen waren, wurden gespielt.
Das erste Fest, auf dem die jungen Musiker spielten, war das Erntedankfest in Scharfenberg. Nun bemühen sich die jungen Musiker verstärkt um die Tanz- und Unterhaltungsmusik.
Damit auch der Zivilcharakter verschwindet, werden blaue Bergmannsuniformen gekauft. Bei jedem öffentlichen Auftreten muss die Uniform angezogen werden.
Über Rechte und Pflichten werden die Mitglieder in den Versammlungen aufgeklärt. Für die Musiker gelten strenge Vorschriften. So wird z. B. unter Strafe gestellt , wenn ein verpflichteter Musiker, statt in der Kapelle zu musizieren, tanzt.
Die Protokolle zeigen immer wieder die verschärften Verhaltungsvorschriften für die Musiker auf, die für Einhaltung einer strengen Disziplin unerlässlich waren.

 

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Eine der ersten Aufnahmen aus dem Jahr 1914

 

 

Der Ausbruch des I. Weltkrieges bedeutet auch für den Musikverein Stillstand. Fast alle Musiker werden eingezogen und müssen zur Front. Die Bergmannsuniformen werden im Vereinslokal gelagert und aufbewahrt. Alle aktiven Musiker haben, wie durch ein Wunder, den Krieg lebend überstanden. Im Dezember 1918, als die heimkehrenden Soldaten Einzug halten, hat Franz Kupitz sein Debüt als Kapellmeister: Im Saale Brune findet der erste Heimkehrerball statt. - Es geht weiter !

Die Musiker schöpfen neuen Mut. Die Kapelle wird weiter ausgebaut. Die Proben werden wieder in vollem Umfang aufgenommen. Schon bald werden sie für Schützenfeste, Kriegerbälle, Sportfeste und kirchliche Veranstaltungen bestellt. Gemeinsame Ausflüge fördern die Kameradschaft der Musiker untereinander.

Die immer wieder aktuelle Frage des Übungsraumes gibt Ende 1924 den Anstoß zur tatkräftigen Unterstützung beim Bau der Schützenhalle in Oberalme. Die Musiker leisteten freiwillige Hilfe und führten auch Reinerlöse aus dem Musik- und Sportfest 1924 der Hallenbaukasse zu.

Mit Theateraufführungen überraschte der Musikverein in den 20er Jahren. Dies brachte eine Abwechslung im kulturellen Leben im Dorf und eine zusätzliche Einnahme für die Anschaffung und Unterhaltung der Musikinstrumente und Noten. Nach der Inflation Ende 1923 ( 1 Billionen Papiermark = 1 Gold- bzw. Rentenmark ) spendete auch der Musikverein 100 Goldmark für die Almer Kirche zur Anschaffung von Glocken.

Inzwischen haben Josef Rustemeier und Josef Fortmann, die das Spielen in der Musikkapelle Oberalme erlernt haben, sich mit noch einigen Interessenten aus Niederalme zusammengefunden und dort eine eigene Kapelle gegründet. Dieses ist besonders erwähnenswert, weil beide Kapellen später einige Male zusammen aufgetreten sind. So wurde z.B. anläßlich der großen Handwerksausstellung in der Niederalmer Schützenhalle gemeinsam musiziert.

Nach der Machtergreifung durch die NSDAP im Jahre 1933 wurde sie zwangsläufig SA Kapelle genannt. Unsere Kapelle schloß sich in dieser Zeit dem Kyffhäuserbund an und wurde später auch die Kyffhäuser Kreiskapelle.
Für die Mitglieder der SA Kapelle bestand die Pflicht, der SA beizutreten und auch dementsprechend in dieser Organisation Dienst zu tun. Manchem Musiker behagte dieses nicht und er wurde aus diesem Grund abtrünnig. So zerfiel die Niederalmer Musikkapelle, die sich auch zeitweise Feuerwehrkapelle nannte.
Nun fand auch, es war 1936, Josef Rustemeier wieder den Weg zur alten Kapelle zurück. Auch als die Kyffhäuser Kreiskapelle hatten sich schon 1936 unsere Musiker einer Leistungsprüfung zu unterziehen. Hierbei fiel der TEILNEHMER PREIS (Note 2) An die Musikkapelle unseres Vereins.

Die Namen der Musiker von 1936 Franz Kupitz, Bernhard Morgenroth, Heinrich Schlüter, Josef Schlüter, Fritz Schlüter, Josef Schmidt, Josef Stemmer, Willi Götte, Franz Bunse, Josef Bunse, Franz Bödefeld, Franz Manser, Wilhelm Ester, Wilhelm Schlüter .
Dann kam der unselige 2. Weltkrieg.

Er forderte aus den Reihen unserer Musiker :
Josef Schlüter, Franz Bunse, Willi Götte.Die Musiker hatten zu Beginn, soweit sie nicht zum Kriegsdienst eingezogen waren, die ehrenvolle Aufgabe, in den Lazaretten zu musizieren.

In der Chronik ist nachzulesen, wie schwer auch für unsere Musiker der Wiederanfang war. Die Papierfabrik liefert das Papier, die Druckerei das Linieren. Das Schreiben der Musikstücke für die einzelnen Stimmen erfolgte von Hand.
Mit neuen Melodien, Schwung und in alter Frische ging es wieder bergauf. Das Instrumentarium wurde verbessert und für Nachwuchs gesorgt. Musik und Theaterspiel beflügelte das aktive kulturelle Leben des Vereins in den 40er und 50er Jahren.
Der beheizte Papiersaal diente den Musikern als Übungsraum. Auch die alte Mädchenschule beherbergte viele Jahre die Musiker. Als Ende der 60er Jahre die Gemeindehalle gebaut wurde, bot sich der sogenannte Orchestergraben, auch Bühnenkeller genannt, als willkommener und ganzjährig benutzbarer Proberaum an.

Am 1.6.1959 trat der Musikverein Alme dem DVB ( Deutscher Volksmusikerbund ) bei. Die Zugehörigkeit zum Dachverband der Laienmusikvereine wirkte sich positiv aus.

Das 50jährige Bestehen des Musikvereins wurde mit einem Jubiläumsfest gefeiert. Folgende Gründer des Vereins waren noch dabei: Ferdinand Becker, Philipp Feldhagen, Josef Bunse, Kaspar Bunse, Josef Lahme, Franz Kupitz, Heinrich Schlüter, Franz Hülzhoff sen., Emil Schlüter, Franz Eigenbrod, Wilhelm Ester, Johannes Pingel.

Die Jahre 1962 bis 1972 bringen für den Verein zunächst einige Sorgen. Die inzwischen älter gewordenen Musiker schauen sich nach Nachwuchs um. Die Blasmusik hat es schwer, sich gegen immer stärker werdende elektronische Musik durchzusetzen. Doch dann ist der Durchbruch der Jugend gelungen. Es gelingt, Jugendliche für die Blasmusik zu begeistern und eine eigene Jugendkapelle aufzubauen, die sich über 10 Jahre lang gehalten hat, bis die Älteren in die Seniorenkapelle übersiedelten. Diese Entwicklung hat sich als Segen für unseren Verein ausgewirkt. Das Durchschnittsalter der Aktiven ist unter den Normalstand gesunken.
Am 16.11.1975 wurde in einer außerordentlichen Versammlung eine neue Satzung und die Eintragung in das Vereinsregister beschlossen.

Am 8.10.1977 wurde das 65jährige Bestehen des Musikvereins mit einem festlichen Konzert gefeiert, Hierzu konnte der damalige Ehrenpräsident des DVB Raimund Wolf aus Weil der Stadt Stuttgart begrüßt werden.

Die nachfolgenden Jahre standen ganz im Zeichen der Vorbereitungen der vom Verein angebotenen Oster- und Weihnachtskonzerte, die sich großer Beliebtheit erfreuten. Die Wunschkonzerte forderten unsere Musiker heraus.
Das Jubiläumskonzert anläßlich des 70jährigen Bestehens wurde ein großartiger Erfolg. Der Kommersabend am 30.4.1982 stand ganz im Zeichen der Pflege und Förderung der Kameradschaft. Die Mitglieder des Vereins empfanden diesen Abend als Familienfest und erlebten Stunden der Freude und Entspannung.

Für die Musikkapelle und Begleiter war die USA-Fahrt zur Teilnahme an der Steuben - Parade am 24.9.1983 in New York ein besonderes Erlebnis. In dieser geschichtlichen Kurzfassung des Vereins soll erwähnt werden, daß es ein wagemutiges Unternehmen in jeder Beziehung war. Es gehörte schon viel Mut dazu, mit 44 Personen einschließlich Musikinstrumente in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten zu reisen.

Die Teilnahme an der Steuben - Parade in die Weltstadt New York, die musikalische Gestaltung einer deutschen Messe in der St. Patricks Kathedrale, das Konzert im Musiksaal der Universität in Bridgeport, die Gestaltung eines Konzert- und Tanzabends in der Seniorensiedlung in Crestwood Village, wo ca. 15.000 deutsche Senioren Leben, der Besuch der Niagarafälle und die Reise nach Washington mit dem Konzert vor dem Capitol und die Besichtigung des Weißen Hauses und des NASA Museums, sowie der 3tägige Aufenthalt in New York und die Wiedersehensfeier mit unserem ehemaligen Musiker Erwin Matern mit Familie und Geschwister, waren die Stationen der Reise.

Die Reiseerlebnisse und die umfangreiche Film- und Fotodokumentation sind Bestandteil der Vereinschronik. Mit Sicherheit war die USA- Fahrt das eindruckvollste Erlebnis in der Vereinsgeschichte.